Serien, die witzig und unterhaltsam sein wollen, gibt es viele. Nicht wenige von ihnen schaffen es auch, tatsächlich lustig zu sein und den geneigten Zuschauer zum Lachen zu bringen, ihm aber zumindest regelmäßig ein herzhaftes Schmunzeln abzuringen.
Serien, die sich sozialkritischer Themen annehmen und gesellschaftliche Missstände in den Vordergrund rücken, um das Publikum auf bestimmte Unsitten oder Vorurteile hinzuweisen, gibt es ebenfalls nicht wenige. Und wiederum gelingt es manchen, soziale Miseren behutsam aufzuzeigen und sich ihrer geschickt und mit der gebotenen Sensibilität anzunehmen, ohne dabei ständig mit dem erhobenen Zeigefinger vor der Nase des Auditoriums herumzuwedeln.
Unterhaltungsshows, die diese beiden Aspekte kombinieren, sind bereits deutlich rarer gesät. Die Film-, TV- und Serienlandschaft sprießt nicht gerade mit entsprechenden Genrevertretern, zu sensibel scheint der Content, zu leicht begibt man sich mit geschmacklosen Verfehlungen mehr oder weniger weit unter der Gürtellinie aufs Glatteis.
Und doch schafft es vereinzelt eine vielversprechende Mischkulanz aus Humor und vernünftiger Sozialkritik auf das internationale Serienparkett und hin und wieder weiß auch ein solcher Vertreter Publikum und Kritik gleichermaßen zu begeistern und kann sich ob fundierter Raffinesse und politischen Feingefühls auch langfristig an die Herzen seiner Zuschauer binden.
Wer sich jetzt fragt, was diese wortreiche Einleitung eigentlich mit dem Thema des Artikels zu tun hat – aufgepasst! Genau an diesem Punkt kommt die TV-Serie Brooklyn Nine-Nine ins Spiel.
Sie ist eine jener Serien, die – und so viel sei dem unten folgenden, abschließenden Fazit bereits vorweggenommen – den mitunter sehr riskanten Spagat zwischen Witz und Political Correctness schafft. Und das mit Bravour.
Brooklyn Nine-Nine – Die Handlung
Worin geht es eigentlich in Brooklyn Nine-Nine?
Die Handlung der Serie setzt zu dem Zeitpunkt ein, an dem der langgediente bisherige Kommandant der fiktiven New Yorker Polizeistation Brooklyn Nine-Nine sich von seinen treuen Mitarbeitern verabschiedet und von einem dem Team noch völlig unbekannten Nachfolger ersetzt wird.
Es versteht sich von selbst, dass durch diesen Wechsel auf dem Revier zunächst nichts einfacher wird: Der neue Boss ist nämlich eine Minderheit in doppelter Hinsicht. Nicht nur, dass er Afroamerikaner ist, er pflegt auch amouröse Beziehungen zum gleichen Geschlecht.
Diese Kombination birgt klarerweise Sprengstoff. Weniger im Alltag des Polizeidienstes, auf jeden Fall aber hinsichtlich der Storyline der Serie. Nun greift das feinfühlige, bereits weiter oben erwähnte Prinzip der Showrunner: Die Handlung, die Dialoge und die sozialen Verstrickungen sind stets voller Turbulenzen und sprießen vor humoristischen Einlagen, gleiten dabei aber nie ins Lächerliche oder gar Peinliche ab.
Mit viel Fingerspitzengefühl präsentieren die Autoren und die Regie einen aberwitzigen Serienhit mit Hand und Fuß.
Im Verlauf der Show entwickeln sich die abstrusesten Situationen und herrlich skurrile Beziehungsstränge. Man vergisst dabei jedoch nicht, dass es sich bei Brooklyn Nine-Nine um eine Serie handelt, die den – nicht immer ganz normalen – Alltag eines Polizeireviers in einer US-Amerikanischen Millionenstadt zeichnet.
So ermitteln und forschen sich die Mannen um den Posten 99 in Brooklyn durch die mehrstaffelige Show und erleben dabei vielerlei Skurriles und Unglaubliches, streiten und versöhnen sich und lernen einander – auf sehr unterhaltsame Art und Weise – immer besser kennen und mitunter auch lieben.
Das macht Brooklyn Nine-Nine so besonders
Selbstverständlich ist es die Feinfühligkeit, mit der die Serie sensible gesellschaftliche Themen unserer Zeit aufgreift und behandelt. Aber das alleine genügt den Machern von Brooklyn Nine-Nine ganz offensichtlich nicht.
Die Serie hat Witz und sie hat Charme – und beides bezieht sie aus der wohlüberlegten und sehr fein gesponnenen Zeichnung und Entwicklung ihrer Charaktere. Allen voran natürlich Hauptfigur Jake Peralta, gemeinsam mit seinem Boss Captain Raymond Holt. Wie oben bereits angedeutet, entspricht der Captain nicht gerade den gesellschaftlichen Standards und doch verbindet seinen Cop Jake mit ihm ein tiefes und ausgeprägtes Gefühl der Zuneigung.
Im Verlauf der Handlung der Serie wird immer deutlicher, dass sich Jake, der aus einem zerrütteten Verhältnis mit seinem leiblichen Vater stammt, nichts mehr wünscht, als dass sein Vorgesetzter die Rolle des väterlichen Fürsorgers übernimmt. Diese schlicht klingende Konstellation bringt derart viel Spannung, Konfliktpotential und Humor mit sich, dass sie allein bereits einen großen Anteil des Schwerpunkts der Show übernehmen könnte.
Doch damit geben sich die Autoren nicht zufrieden. Denn neben dem höchst eigentümlichen Verhältnis zwischen Jake und Holt, gewinnt auch das Band, das Ersteren mit seiner Partnerin Amy verbindet, zunehmend an Wirren und tiefschürfender Bedeutung.
Nicht zu vergessen im Rahmen dieser Aufzählung ist natürlich Jakes bester Freund und Kollege Detective Charles Boyle. Mit ihm verbindet Jake eine abgrundtiefe und alles in den Schatten stellende Männerfreundschaft. Gemeinsam wollen die beiden Cops New York zu einem sicheren Platz machen und sehen sich selbst dabei oft in den Rollen ihrer großen und berüchtigten Film-Vorbilder wie Martin Riggs und Roger Murtaugh aus den beliebten Lethal Weapon-Streifen.
Die amikalen Bande (nicht nur zwischen Jake und Charles) werden in Brooklyn Nine-Nine oft und gerne zur Schau gestellt und bilden zusammen mit dem sozialkritischen Aspekt die eigentliche Basis der Serie.
Unverzichtbar für die Serie ist auch Sgt. Terry Jeffords. Ein muskelbepackter Gigant, den augenscheinlich nichts und niemand nur ins Wanken bringen, geschweige denn erschüttern kann.
Er ist der mannshohe, unerschütterliche Koloss, vor dem sich alle in Acht zu nehmen haben und den alle augenscheinlich fürchten sollten. Doch auch hier trügt der Schein, denn unter der rauen Schale des grobschlächtigen Hünen steckt einer der weichsten Kerne der Seriengeschichte.
Es gibt nichts, das Terry mehr fürchtet, als den Zorn seiner Ehefrau und nichts, wofür sein Herz stärker blutet als für die Liebe seiner beiden kleinen Töchter.
Die sich durchziehende Ambivalenz in der Ausarbeitung und Gestaltung sämtlicher Charaktere verdichtet die Show zu einem wahren Fest des herrlich abgedrehten Humors, und wer sich einmal in die Materie Brooklyn Nine-Nine vertieft hat (was niemandem besonders schwer gemacht wird und was unter normalen Umständen in Augenblicken geschieht), der wird sich so schnell nicht mehr von ihr getrennt wissen wollen.
Der krönende Schluss – Ist es Brooklyn Nine-Nine wert?
Eigentlich genügte ein kurzes, bündiges und formloses »Ja«, um eine adäquate Antwort auf oben gestellte Frage zu geben.
Dennoch sollte Grundlegendes noch einmal zusammengefasst werden:
Mit Brooklyn Nine-Nine ist den Machern ein großartiger Wurf in Sachen Komödie gelungen. Die Serie ist lustig und unterhaltsam und vermittelt gleichzeitig moralische und gesellschaftliche Werte, wie sie der Zeit entsprechen, in der wir alle heute leben. Dabei schafft es Brooklyn Nine-Nine durchgehend und auf höchst angenehme Art und Weise niemals unnötig belehrend oder untergriffig zu werden.
Die Show lebt von ihren Charakteren und den mannigfaltigen Beziehungen auf verschiedensten Ebenen unter ihnen. Wer sich selbst einen großen Gefallen tun will und gerne witzige und unterhaltsame Serien schaut, der sollte sich Brooklyn Nine-Nine keinesfalls entgehen lassen.